Jorge Horst: Crisoles
Crisoles (2013)
für Ensemble
Kompositionsauftrag des Deutschlandfunk Köln
Das Ensemble Aventure spielt in folgender Besetzung:
Alexander Ott, Englischhorn
Andrea Nagy, Bassklarinette
Wolfgang Rüdiger, Fagott
Akiko Okabe, Klavier
Sylvie Altenburger, Viola
Beverley Ellis, Violoncello
Johannes Nied, Kontrabass.
Drehen Sie ihre Lautsprecher zu Beginn am besten schön laut auf, das Stück beginnt mit leisen, magischen Atemklängen, „wie lebendige Wesen", die immer mehr Profil gewinnen.
Jorge Horst, geboren 1963 in Rosario (Argentinien), begann 1980 mit einem Kompositionsstudium. In der Zeit zwischen 1984 und 1990 waren Francisco Kröpfl, Gerardo Gandini, Carmelo Saitta und Jorge Molina wegweisend für ihn. Horst erhielt verschiedene Preise und Stipendien, durch die er sein Studium und diverse Kompositionsprojekte finanzieren konnte. Er unterrichtete in Argentinien und im Ausland, wie auch seine Musik international aufgeführt wird. Zur Zeit lehrt er Komposition, Musiktheorie und Musikwissenschaft an der Universität in Rosario.
Crisoles ist die spanische Bezeichnung für „melting pot", „Schmelztiegel" verschiedener Kulturen. In Jorge Horsts Werk, im Auftrag des DLF für Aventure geschrieben, verbindet sich der Respekt vor der Individualität des einzelnen Menschen mit dem Hören auf die Stimmen der Anderen: Diese Idee des Einzelnen und der Vielen – des Einen und des Vielfältigen – hat mich schon immer begeistert. Das Einzelne als Ausgangspunkt, von dem aus zentrifugal das Vielfältige erreicht wird. Das Vielfältige wäre in diesem Fall die Gesamtheit aller Orchestermitglieder; das Eine wäre ein einzelnes Instrument, das inmitten aller anderen erklingt. Mit dieser Idee arbeite ich schon seit langer Zeit, denn ich habe festgestellt, dass ich beim Zuhören ein besonderes Vergnügen empfinde, wenn ich ein einzelnes Instrument höre, das nur einen einzigen Ton oder eine winzige melodische Linie spielt, während alle anderen anwesend sind. Das hat für mich etwas mit Freude, mit Genuss zu tun.
In Crisoles verschmelzen Erinnerungen, das Ähnliche und das Unterschiedliche, sie strahlen, knistern im Einverständnis, als wären sie Palimpseste. Das Stück verfolgt die Idee des Verschiedenen / Gleichen, des Kontrasts, des Oxymoron, um zu erreichen, dass Heterogenes zusammen existieren kann, um die Diversität zu fördern (und so die Diskriminierung zu bekämpfen) und das freie Denken zu befördern. Ich bin mir bewusst, dass man diese Gedanken vielleicht nicht in Klänge transferieren kann. Aber man kann dafür sorgen, dass diese Gedanken zur Erzeugung von Klängen beitragen, die das Resultat dieses Protestes sind, der sich in diesen Klängen widerspiegelt. (Jorge Horst)